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Klassiker des urheberrechtsverletzenden Films (Teil 2)
René Vienet: The Girls of Kamare (F 1974, 88 min)
Japanisch mit englisch untertitelten französischen Untertiteln
Sonntag, 10.10.2004, 21:00
Pirate Cinema Berlin
Ziegelstrasse 20
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Bei der Betrachtung von Guy Debords "Gesellschaft des Spektakels" vor zwei
Wochen hat sich gezeigt, dass die ausschliessliche Verwendung zweckentfremdend
montierter Bilder einen absolut zeitgemässen Eindruck macht. Überall werden
heute solche Filme hergestellt - wenngleich unter völlig veränderten Vorzeichen.
Denn während der Skandal des Situationistischen Films noch im Zweck der
Entfremdung, dem Angriff auf die politische Ökonomie der bewegten Bilder,
gesehen wurde, nicht jedoch im Verfahren der Zweckentfremdung selbst, das als
repetitive und ermüdende Technik abgetan, zugleich aber als irgendwie legitimer
Kunstgriff nachgesehen wurde, gilt heute, wo kaum jemand der Kritik des
Spektakels mehr im Grundsatz widerspräche, jeder, der, zu welchem Zweck auch
immer, die blossen Eigentumsrechte an den Bildern, aus denen das Spektakel sich
zusammensetzt, ignoriert (was technisch ja naheliegt), als "Verbrecher".
Wenn das "Pirate Cinema" (oder der "urheberrechtsverletzende Film") die
Enteignung der Filmindustrie bezweckt, dann in der Hoffung, dass die Lösung
des einen Problems - dass einem die Bilder nicht gehören - auch das andere
löst: dass auf den Bildern nichts zu sehen ist. Dass auf den Bildern nichts zu
sehen ist, ausser dem Vermögen (und mittlerweile sogar dem "Recht"), sie in
Umlauf zu bringen, ist das eigentliche Produkt der Unternehmen, die sie
produzieren und verwalten - und was die Filmindustrie derzeit so sehr in Panik
versetzt, ist weniger die Befürchtung, die Zahlungsmoral ihrer Kundschaft nehme
durch das massenhafte Rauf- und Runterladen digitaler Filmkopien Schaden, als
vielmehr die Aussicht auf einen gesellschaftlichen Zustand, in dem Millionen von
Menschen über Bilder verfügen und diese selbst zu Filmen zusammensetzen, in
denen etwas sichtbar würde, das sich weder absehen noch kontrollieren liesse -
so dass das Kino nicht bloss ruiniert, sondern endgültig abgeschafft wäre.
Bereits 1967 festgestellt zu haben, dass man die Abschaffung des Kinos nicht
allein Jean-Luc Godard überlassen sollte, ist nur eins der Verdienste von René
Vienet, mit dessen "The Girls of Kamare" wir unsere Reihe "Klassiker des
urheberrechtsverletzenden Films" am Sonntag fortsetzen. Bei "The Girls of
Kamare" handelt es sich - in voller Länge - um "A Pair of Panties for Summer"
von Norifumi Suzuki (in dessen zentraler Schaffensperiode Mitte der 70er Jahre
auch Werke wie "Hot Springs Mimizu Geisha", "Tokugawa Sex Ban", "School of the
Holy Beast" und "Dolls of the Shogun's Harem" entstanden sind). Vienet hat sich
- wie bereits in "Can Dialectics Break Bricks?" - darauf beschränkt, die
Originalvorlage entgegen des durch die Tonspur intendierten Sinns neu zu
untertiteln - womit "The Girls of Kamare" Debords "Gesellschaft des Spektakels"
nicht nur an formaler Radikalität übertrifft, sondern auch an Unterhaltungswert.
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