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Pirate Cinema Berlin
Season 8 Episode 8
May 3, 2020 (1)
La reprise du travail aux usines Wonder (2)
https://piratecinema.org/images/S08E08.jpg
1968, french with english subs, 10 min, 49 mb
https://piratecinema.org/videos/reprise.mkv
(just download and play in vlc or similar)
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Gefilmt am 10. Juni 1968 am Eingang zur Wunder-Fabrik (Glühbirnen). Wir sehen
eine einzelne Frau, in einer grossen Ansammlung von Männern, in dem Moment, in
dem nach dem Streik der Ereignisse, Mai 68, alle wieder an die Arbeit sollen.
Die Stimme der Vernunft, verkörpert von den männlichen Funktionären des
Aufstands, weist die Frau auf die kleinen, erkämpften Zugeständnisse hin, auch
auf die möglichen Zugeständnisse im Hinblick auf eine unbestimmte Zukunkt, die
Potenzialität, die in den Ereignissen des Streiks an sich liegt, und so bitten
sie um Vertagung und erwarten ihrerseits ein Zugeständnis, von ihr.
Sie will aber nicht. Sie will nicht zurück. Ihre "Emotionalität" angesichts
dessen, was sie "sachlich" nicht "vermitteln" kann, dass es hier, bei dieser
angeordneten Rückkehr in den Dreck der Fabrik um ihr _Leben_ geht, das sich im
Moment der Unterbrechung des Gleichen in einer völlig anderen Projektion vor
ihr aufgetan hat, auf ganz andere Formen von Produktion hin geöffnet, evtl. ja
auch auf das Gegenteil, Schluss mit der permanenten Produktion, das ist den
Männern um sie herum sichtbar unangenehm. Und so landen Hände auf Schultern.
Es erscheint auch ein Mann, in der Person des Jungen Mannes, der bereit ist,
sich diskursiv, also ordentlich, der Argumentation zu stellen. Das stört den
Ablauf nicht, im Film verschwindet sie nun zwischen den Redenden, er spielt auf
dem vorgegebenen Territorium. Es folgen weitere Männer, die immer Recht haben
werden, auch im Leben nach dem Film, die aber nie Recht bekommen werden und
sich dann wundern, wenn die, auf die sie einreden, wenn sie Recht haben, immer
so "hysterisch" reagiert, obwohl hysterisch ja nur und gerade sie selber sind,
die Männer, also jeder Situation reflexhaft und ausschliesslich und genau die
(fast immer ideologischen und fast nie aus Erfahrung gesprochenen) Redeweisen
abtrotzen, die ohne Rücksicht auf Verluste ihren eigenen Vorteil maximieren.
Natürlich geht es am 3. Mai 2020 nicht bloss wörtlich um die Rückkehr in die
Fabrik. Denn in den Fabriken des 21. Jahrhunderts, den Logistikzentren z.B.,
brummt ja der Betrieb. Am 3. Mai 2020 ist das, was sie nicht will, wohin sie
nicht zurück will, die _Fabrikation des Lebens_. Die Rückkehr in ein
fabriziertes Leben, das nicht nur nicht sustainable ist und nicht resilient,
sondern auch verlogen und gewalttätig und falsch, nicht auszuhalten nicht bloss
als Zukunfsfvision, sondern schon jetzt, in jedem Moment. Die ökologische Krise
des Kapitalismus ist bloss die Summe von Milliarden von ökologischen
Einzelkrisen, von einzelnen Leben, die zu abstrakt geworden sind und careless
und unaufrechterhaltbar: ein globales Destaster, das deinen Namen trägt. Das
schon seit ewig andauert und das mit Sicherheit weitergehen wird, während wir
die Schuldfrage klären und vereinzelt Wellnesstherapie gegen Corona betreiben.
Vereinzelt gibt es Kritik, aber nirgendwo mehr eine Kritik der Trennung.(3)
Und im Falle der Deutschen, die sich ja bereits als Coronabewältigungs-
weltmeister feiern(4), geht es am 3. Mai 2020 darum, behutsam die Export-
produktion wieder hochzufahren, damit der Virus nicht doch noch in einer
Katastrophe endet(5). Das heisst Autoproduktion, und alle müssen wieder nach
Rimini fahren, wie in den 50 Jahren(6). Und insofern geht es bei der reprise du
travail nicht nur um die Arbeit am Leben, in der Küche, am Herd, im Bett und
auf Zoom, sondern auch um die Fabrikation von Tod und Zerstörung. Die Deutschen
verdanken ihren Wohlstand nicht zuletzt der Produktion einer Maschine, die
jeden Tag über dreieinhalbtausend Menschen tötet, fast anderthalb Millionen im
Jahr, und das sind Menschen, deren oft elendes Verrecken in den deutschen
Wohlstand, inklusive der fünftausend Euro Freigeld für Freiberuflerinnen, mit
denen der Berliner Senat Klientelpolitik für das "Weiter so!" betreibt(7),
bereits eingepreist ist.
Und sie möchte lieber nicht. She prefers not to. Und das bleibt unser Haus(8),
und schmeisst doch endlich die Autos, und wenn das nicht klappt die Grünen und
die Linke und die SPD aus Kreuzberg raus.(9)
(1) weiterhin virtuell, bitte nirgendwo vorbeikommen!
(2) Das ist auch im doppelten Sinne eine reprise, da wir den Film bereits hier
https://piratecinema.org/screenings/20070708 mal gezeigt hatten. Inklusive drei
Stunden Nachfilm von Hervé Le Roux: das misslungene Filmprojekt, die Frau vom
Eingang der Wunder-Fabrik - chasing a ghost, das klappt nie, Projekte eben, und
Scheitern wird immer gern gefördert - mehr als 20 Jahre später nochmal
wiederzufinden. Denn verlinken wir heute mal nicht zum Runterladen, aber wer
die Reprise von 1997 auch nochmal anschauen will, mittlerweile auch mit english
subs, kann uns gern eine Mail schreiben. (Und wie wir gestern im Newsletter des
Arsenal gesehen haben, wird es sogar eine dreifache Reprise, aber das ist halt,
beinahe hätten wir Pech geschrieben, wir meinten aber: Glück, denn manchmal
liegen die Ideen halt auf der Strasse, gut sichtbar und zum mitnehmen. Wir
wollten die reprise du travail schon letzten Sonntag zeigen, aber Ariane
Müller, von der der Hinweis auf den Film kam, und ich konnten uns partout nicht
auf einen gemeinsamen Text einigen. Details siehe Film.)
(3) Guy Debord, Critique de la séparation, 1961, 17 min. See, for example:
https://piratecinema.org/screenings/20071021
https://piratecinema.org/screenings/20170513
(4) bis (6): Screenshots reichen wir bei Gelegenheit nach
(7) was natürlich bloss peanuts sind im Vergleich zu den Industrie-Bailouts der
deutschen Regierung, daher wollen wir hier niemandem, der sich die Kohle
abgeholt hat, ein schlechtes Gewissen machen
(8) das "Haus Bartleby", in dem sich die ehem. Tocotronic-Linke - der wir die
Lüge von der "Querfront" am Rosa-Luxemburg-Platz zu verdanken haben, die immer
bloss Teil einer Jugendbewegung sein wollte, egal wofür oder wogegen oder ob
mit 17 oder erst als Senioren - in Hoffnung auf harte Zeiten eingebunkert hat.
(9) "Dann ist sie alleine mit CDU und AfD?" - "Nee, die müssen natürlich vorher
raus. Allein mit Bergpartei und KPD/RZ hoffentlich." - "Hm... sind die nicht
alle unterwandert von Die Partei?" - "Die Partei, die in Kreuzberg K.I.Z als
Kandidaten aufgestellt hat?" - "Ja, die mit Sexismus gegen rechts." - "Hm..."
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P.S.: Our Cairo friend with partner and kid, see April 29 screening, found a
nice flat in Berlin and should be arriving later today. Thanks to all who sent
offers!
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www.piratecinema.org
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